RP Online kam heute mit folgendem Artikel raus:
Dem deutschen Fußball gehen die Talente aus
Es ist natürlich schon ein wenig komisch, dass uns die Talente ausgehen (sollen). Obwohl wir unsere Nachwuchsleistungszentren so professionalisiert haben, dass es kaum noch Luft für Verbesserungen gibt, sind Nationen mit weit weniger Einwohnern ähnlich aufgestellt wie wir. Das konnte mir noch keiner wirklich schlüssig erklären.
Selbstverständlich fehlen uns die Top-Talente in der Spitze und sicherlich ist einer der Gründe, dass in den letzten 15 Jahren die Mannschaft in den Focus gerückt ist und Individualisten auf der Strecke blieben. Lange Zeit flogen Spieler, die im NLZ einmal über die Stränge schlugen, sofort aus den Internaten oder wurden aus den Auswahlmannschaften entfernt. Es sei denn die Spieler hatten schon einen gewissen Wert, dann werden auch schon mal andere Spieler geopfert, so wie in Hamburg….
Ein Grund für fehlende Spitzentalente in der Zukunft könnte die zunehmende Anzahl von nicht deutschen Spielern in den NLZ sein. Diese Problematik gibt es in England ja schon lange, da dort schon früher angefangen wurde, Spieler aus dem Ausland in jüngeren Jahren in die Academies zu locken. Damit werden Plätze für die einheimischen Spieler blockiert. Das mag gut für das Niveau der Liga sein, die eigenen Nationalmannschaften leiden darunter.
Durch diese Dinge fehlt der Nation (almannschaft) vielleicht eine Handvoll Top-Talente. Ich würde aber behaupten, die Ausbildung und die Professionalisierung in den NLZ ist so hoch, dass es trotzdem genug deutsche Spieler geben müsste, die für die U21 in Frage kommen. Unser Jugendsystem ist im oberen Bereich so auf die Spitze getrieben, dass man schon sehr stabil sein muss, um da durch zu kommen.
Wenn aber der Bereich U14 bis U19 schon komplett ausgereizt ist, wo gibt es also noch Potential, um das Niveau insgesamt zu verbessern umso dann auch wieder Spitzentalente auszubilden?
Ich denke, die Bundesligisten müssten sich um den Bereich darunter kümmern, aber anders als sie es bisher getan haben.
Lange Zeit nahmen die Bundesligisten den Vereinen aus dem Einzugsgebiet die besten U12 – bis U14 Talente einfach weg. Das sorgt(e) bei den Vereinen und den Trainern immer für unglaublichen Frust. Geht das beste Talent einer durchschnittlichen Mannschaft weg, bedeutet das für einen Trainer eine herbe Niederlage. Teilweise ist man durch dieses Wegholen bei den Jugendtrainern in der Umgebung regelrecht verhasst. Wie mir Eltern grade berichteten, fängt St. Pauli jetzt in Hamburg sogar an, im U9 und U10- Bereich Kinder vom Wechsel zu überzeugen!
Ich plädiere vielmehr dafür, dass sich die Bundesligisten massiv um die Trainer der U-7 bis U-10 Mannschaften im Einzugsgebiet kümmern. Bisher gibt es zwar meistens 3-4 Kooperationsvereine, aber das ist viel zu wenig. Man sollte sich um die Trainer der 30-40 Vereine im Umkreis kümmern. Damit potenziert man das erworbene Fachwissen und kann die Ausbildung jüngster Spieler beeinflussen. Dies ist das Gegenteil von: ich lass die anderen wurschteln und wenn durch Zufall ein starker Spieler dabei rauskommt, klau ich ihn mir.
Zurzeit sieht es doch so aus, dass fast alle Jugendtrainer genau das Gegenteil von dem umsetzen, was der DFB fordert, möglichst lange 4:4 auf 2 Tore spielen (vereinfacht gesagt). Was machen aber die Vereinstrainer? Sie spielen in einem älteren Jahrgang mit, damit die Jungs endlich Fußball auf dem großen Feld spielen können… Hier würde ich dem Trainerstab eines Bundesligisten eine größere Einflussnahme auf die Jugendtrainer zuschreiben als dem Verband.
Auch Bierhoff fordert in dem Artikel ja:
Viele Strukturen müssten “besser genutzt und sinnvoller eingesetzt” werden.
Sicherlich bietet der Verband in diesem Bereich viel an, aber die Hürde für einen „normalen“ Jugendtrainer dürfte niedriger sein, eine Kurzschulung bei seinem Bundesligaclub zu machen als zum Verband zu laufen. In der Regel dürfte er mit dem Verein auch sympathisieren.
Die Vorteile:
- Die Professionalisierung bei den Bundesligisten ist höher als bei den Landesverbänden!
- Die Affinität zum nächsten Bundesligisten ist meistens auch höher als zum Landesverband!
- Die Bundesligisten kommen in Kontakt mit den Trainern, die das nächste LOKALE Top-Talent ausbilden sollen!
- Man kann Strukturen die man als nützlich erachtet auch bei den kleineren Vereinen implementieren!
- Man bekommt einen problemlosen Zugriff auf lokale Talente und verärgert keine Jugendtrainer!
Für Fragen und Diskussionen stehe ich gern zur Verfügung.